Le’Chaim! Jüdisches Leben in Oldenburg. #1700JahreJüdischesLebenInDeutschland

Die Ausstellung „Le’Chaim! Jüdisches Leben in Oldenburg. #1700JahreJüdischesLebenInDeutschland“ war inklusive einer knapp einmonatigen Verlängerung vom 30. Mai bis zum 1. August 2021 im Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg zu sehen. Partner in diesem Ausstellungsprojekt waren die Stadt Oldenburg mit Kulturbüro und Stadtmuseum, die Jüdische Gemeinde zu Oldenburg, das Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg sowie die Jüdischen Studien an der Carl von Ossietzky Universität.
Der Anlass für die Ausstellung war das bundesweite Festjahr #2021JLID – Jüdisches Leben in Deutschland, das ausgehend vom Gesetz von Köln 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland feierte. Dieses Gesetz war 321 vom römischen Kaiser Konstantin erlassen worden und legte fest, dass Juden in der Stadtverwaltung Kölns Ämter besetzen durften. Es ist in nur einer bekannten Kopie des Codex Theodosianus aus dem 6. Jahrhundert überliefert und ist eine der ältesten Quellen für die Existenz von Jüd:innen in Mittel- und Nordeuropa.
Der Schwerpunkt der Ausstellung „Le’Chaim! Jüdisches Leben in Oldenburg“ lag auf der Fragestellung, wie sich in Oldenburg nach 1945 jüdisches Leben wieder festigen konnte und wie die Neugründung der Jüdischen Gemeinde zu Oldenburg schließlich gelingen konnte. Dabei durfte die Zeit des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs jedoch nicht unerwähnt bleiben. Daneben wurden ausgewählte Oldenburger Rabbiner vorgestellt und Einblicke in die jüdischen Feste und in die jüdische Liturgie gegeben. Außerdem war ein wesentlicher Bestandteil der Ausstellung die Darstellung des aktuellen jüdischen Lebens in der Oldenburger Gemeinde.
Für das Ausstellungsprojekt habe ich die Erarbeitung der Kapitel „Jüdisches Leben in der Stadt Oldenburg bis 1945“ und „Die Neugründung der Jüdischen Gemeinde zu Oldenburg“ übernommen. Am Beispiel der Oldenburger Familie Adolf de Beer wurde gezeigt, wie jüdisches Leben noch zu Beginn der Zeit des Nationalsozialismus in Oldenburg aussah und wie es während des Nationalsozialismus unmöglich gemacht wurde. Zahlreiche Bilder illustrierten das Familienleben. Briefe aus der Emigration, aus dem Hamburger Ghetto sowie aus der Gefangenschaft und dem Konzentrationslager Ravensbrück an Familienmitglieder und Freunde erzählten von den Schicksalen, Sorgen und Hoffnungen der Einzelnen. Besonders war, dass durch ein Interview mit Charlotte Seligmann, geborene de Beer und zweitälteste Tochter der Familie, die Familiengeschichte lebendig nachempfunden werden konnte. Sie überlebte den Nationalsozialismus in der Emigration in Uruguay. Letztendlich kehrte sie nach Oldenburg zurück und gehörte zu den Gründungsmitgliedern der neuen jüdischen Gemeinde.
Die Neugründung der Jüdischen Gemeinde zu Oldenburg wurde als Prozess dargestellt, der von der Stadt Oldenburg und ihren Bürger:innen unterstützt wurde. Seit den 1960er Jahren hatte es kein aktives jüdisches Leben in Oldenburg mehr gegeben. Ab 1983 änderte sich dies: Als treibende Kraft der Wiederentstehung jüdischen Lebens in Oldenburg ist Sara-Ruth Schumann vorgestellt worden, die die erste Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Oldenburg war. Ein besonderes Charakteristikum der Oldenburger Gemeinde war von Beginn an, dass sie die Geschlechter gleichberechtigte. So hatte die Gemeinde ab 1995 mit Bea Wyler den ersten weiblichen Rabbiner nach der Shoah in Deutschland und hat auch heute mit Alina Treiger wieder einen weiblichen Rabbiner. Anhand von zahlreichen Bildern ist darüber hinaus das Gemeindeleben der jüdischen Gemeinde dargestellt worden. Fehlen durfte auch nicht, wie die Gemeinde mit Hilfe der Stadt Oldenburg und der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit eine neue Synagoge und ein Gemeindezentrum mit Mikwe bekam. Symbolisch und als „steinerner Zeuge“ stand der Grundstein der alten Synagoge, die in der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 zerstört worden war, in der Ausstellung: Was ist der Grundstein einer Gemeinde und was bedeutet es, Teil einer Gemeinschaft zu sein?
Die Ergebnisse der Ausstellung wurden in einem Booklet festgehalten, in dem sämtliche Texte und eine Auswahl von Dokumenten und Bildern zusammengestellt worden sind. Das Booklet wurde von der Stadt Oldenburg herausgegeben und kann über das Kulturbüro der Stadt Oldenburg bezogen werden. Wer Interesse an mehr Inhalten der Ausstellung hat, hat so also die Gelegenheit.
Teile der Ausstellung, unter anderem „Die Neugründung der Jüdischen Gemeinde zu Oldenburg“, wurden außerdem vom 7. Oktober 2022 bis zum 31. Januar 2023 nochmals in der Ehemaligen Jüdischen Schule Leer gezeigt.
