Meine Interessen

Wie die Vergangenheit anhand von Objekten sowie persönlichen Geschichten ins Heute wirkt, bewegt und fasziniert mich. Persönliche schriftliche und bildliche sowie vor allem audiovisuelle Quellen halte ich dabei für besonders aussagekräftig. Die Oral History ist daher für mich ein besonderer Zugang zur Vergangenheit. Zeitzeugeninterviews mit ihren individuellen Erlebnissen und Sichtweisen auf die gesamtgesellschaftlichen und historischen Entwicklungen zu sammeln und zu bewahren, ist mir ein großes Anliegen.

Dabei lohnt sich nicht nur der Blick auf die „großen“ historischen Ereignisse. Schon das Alltagsleben der Bewohner einer Region, Stadt oder Nachbarschaft mit den individuellen Erlebnissen und Anekdoten gibt Einblicke in den vorherrschenden Zeitgeist. Und dabei ist nicht zu vergessen, dass auch das gerade Gewesene schon zur Vergangenheit gehört. Daher ist es von Bedeutung, auch Aktuelles einzubeziehen. Ein wichtiger und nicht zu vernachlässigender Aspekt der Oral History ist aber auch, dass diese individuellen Erinnerungen, einer historischen Einordnung bedürfen. Denn sie sind subjektiv und können „persönliche Wahrheiten“ beinhalten.

Kassetten der Senioren-Geschichtswerkstatt © Stadtmuseum Oldenburg

Trotzdem sind sie bedeutende Quellen für die Alltags- und Erinnerungsgeschichte ebenso wie für die Lokalgeschichte. Ein Projekt, das mich geprägt hat und mich motiviert, in dieser Richtung weiterzuarbeiten, war die Inventarisierung und Digitalisierung der audiovisuellen Medien des Stadtmuseums Oldenburg. Diese Sammlung besteht unter anderem aus Aufnahmen einer Senioren-Geschichtswerkstatt, die in den 1990er Jahren am Stadtmuseum umgesetzt wurde. Jede Sitzung hatte ein Thema, zu dem sich die Teilnehmer:innen vorbereitet haben, so dass in der Sitzung ihre Erinnerungen geteilt werden konnten. Für Oldenburg relevante Themen waren zum Beispiel das Torfstechen oder der Kramermarkt. Ebenso wurde aber auch über die Zeit des Nationalsozialismus und die Nachkriegszeit gesprochen. Als Bearbeiterin dieser Aufnahmen habe ich selbst einen neuen und intensiveren Zugang zu den für Oldenburg spezifischen Entwicklungen bekommen – ein Privileg: Denn die Aufnahmen sind nicht in der Absicht gemacht worden, sie anderen zum Nachhören zur Verfügung zu stellen. Sie sind als Protokolle aufgenommen worden, um anschließend in verschriftlichter Form veröffentlicht zu werden. Sie sind also zugänglich. Dennoch ist der Zugang zu diesen Geschichten durch das Hören der Personen, die sie selbst erlebt haben, ein anderer. Er ist direkter und nachvollziehbarer.

Zeitzeugeninterviews sind wertvoll, weil sie festhalten, was jemand erlebt hat. Noch wertvoller werden sie, wenn sie so geführt werden, dass sie anderen etwas vermitteln können. So sind sie nicht nur für die Forschung von Bedeutung, sondern können auch an anderen Stellen eingesetzt werden wie in Museen oder Kultureinrichtungen, die sich an ein breites Publikum richten. Dazu beizutragen wie zum Beispiel durch die Zeitzeugeninterviews zum Thema 75 Jahre Kriegsende in Oldenburg macht mir große Freude.